Eine Frage der Geduld – die Entwicklung von Blühwiesen
Gut Ding will Weile haben – dieser Spruch trifft auch auf Blühwiesen und Säume aus regionalem Saatgut zu. Im Gegensatz zu Blühmischungen aus dem Baumarkt, die hauptsächlich aus einjährigen und nicht gebietstypischen Pflanzen bestehen, benötigen Blühwiesen aus Regiosaatgut deutlich mehr Zeit, bis die meist mehrjährigen Kräuter sich etabliert haben und zur Blüte kommen.
Das erste Jahr
In den meisten Mischungen sind auch für mehrjährige Säume und Wiesen einige einjährige Arten, wie Mohn oder Kornblume als sogenannte „Akzeptanzarten“ eingemischt. So bieten die frischen Blühwiesen gewöhnlich auch im ersten Jahr schon einen schönen Anblick, während die mehrjährigen Kräuter erst eine Blattrosette entwickeln müssen und meist erst ab dem zweiten Jahr zur Blüte kommen. Manchmal mischen sich auch spontan weitere Einjährige, wie Kamille dazu und bereichern den Blühaspekt. Trotzdem kann es je nach Witterung, Bodenart und bereits im Boden vorliegenden Samen zu unerwünschten und optisch wenig ansprechenden Phasen im ersten Jahr kommen. Keimen aufgrund von Trockenheit zu wenige Arten, kann es helfen mit Bewässerung etwas nachzuhelfen. Dominanzbestände unerwünschter Arten können eingedämmt werden, indem auf der Fläche ca. 8 Wochen nach der Einsaat ein Schröpfschnitt, also eine Pflegemahd in mindestens 10 cm Höhe durchgeführt wird.
Die Folgejahre
Auch in den ein bis fünf Jahren nach der Einsaat lässt sich noch ziemlich viel Dynamik in den Blühwiesen beobachten. Während Mohn und Kornblume immer weniger werden, etablieren sich neben Margerite und Lichtnelken sukzessive immer weitere mehrjährige Arten aus dem Saatgut. So zeigen die Blühwiesen in den ersten Jahren eine jährlich und sogar monatlich wechselnde Blütenvielfalt, die aus unterschiedlichen Blühzeitpunkten der Pflanzen resultiert. Zudem kommt es durch die Keimung und Etablierung weiterer Arten aus dem Saatgut immer wieder zu Verschiebungen im Konkurrenzgefüge der Pflanzen untereinander.
Bei konsequent angepasster Pflege im Sinne des Naturschutzes (ein bis zweimalige Mahd mit Abräumen des Mahdgutes) verschwinden auch einjährige Dominanzbildner wie Melde (Chenopodium album) meist nach dem ersten Jahr. Einzelne Disteln sollten gern stehen und blühen gelassen werden, denn ihre Blüten sind wahre Insektenmagneten. Mit etwas Glück siedeln sich auf magerem Boden sogar besonders seltene Rote-Liste-Arten wie Bergsandglöckchen oder Heidenelke an. Und falls Ihre Blühwiese tatsächlich mal blütenärmere Phasen haben sollte, ist es vielleicht ein beruhigender Gedanke, dass die Wiese für zahlreiche Heuschrecken und Spinnen immer noch ein wichtiger Lebensraum ist.
Auf Tuchfühlung
Wenn Sie noch nähere Bekanntschaft mit den Pflanzen und Tieren in Ihrer Blühwiese machen wollen, gibt es mittlerweile einige Apps, die Ihnen per Foto eine ziemlich sichere Bestimmung für viele Arten liefern (z.B. ObsIdentify, Pl@ntNet, Flora Incognita). Vielleicht gehen Sie ja auch noch einen Schritt weiter und nähern sich Ihrer Blühwiese mit eigener Bestimmungsliteratur. Denn häufig bemerkt man erst beim näheren Hinsehen wie groß die Vielfalt der Pflanzen ist, oder dass es sich bei manchen kleinen, erst für Fliegen gehaltenen Insekten eigentlich um Wildbienen handelt.
In jedem Fall ist die Wildblumenwiese nicht nur für die Tiere, die darin leben eine Bereicherung, sondern auch für uns menschliche Betrachter.
Förderer
Das Förderprogramm LEADER der Europäischen Union finanziert 65 % der Kosten des Projektes. Die Kofinanzierung von 35 % übernimmt die Naturschutzstiftung Kreis Steinfurt.