Kyrills Erbe

Kyrills Erbe

17 Jah­re ist es mitt­ler­wei­le her, als Sturm Kyrill am 18. und 19. Janu­ar 2007 über wei­te Tei­le Euro­pas hin­weg­feg­te und vie­ler­orts eine Schnei­se der Ver­wüs­tung hin­ter­ließ. Ver­gleichs­wei­se harm­los waren da noch die Kie­fern, die Kyrill im Natur­schutz­ge­biet Wen­tru­per Ber­ge nörd­lich von Gre­ven abge­knickt oder ent­wur­zelt hat­te. Doch genau hier macht Kyrill bis heu­te Arbeit. „Schuld“ sind die Natur­schutz­stif­tung Kreis Stein­furt und die Bio­lo­gi­sche Sta­ti­on, die damals auf die Idee kamen, die von Kyrill geleis­te­te Vor­ar­beit fort­zu­set­zen und auf einer rund einen Hekt­ar gro­ßen Flä­che die alte Ems­dü­nen­land­schaft zu rekon­stru­ie­ren. Denn nicht immer waren die Wen­tru­per Ber­ge so stark bewal­det wie heu­te. Noch Anfang des 20. Jahr­hun­derts gab es hier offe­ne Sand­dü­nen, die sich bei star­kem Sturm schon mal in Bewe­gung setz­ten – der Begriff Wan­der­dü­nen kommt nicht von unge­fähr. Erst geziel­te Auf­fors­tun­gen setz­ten der Wan­der­schaft ein Ende. Sie sorg­ten aber auch dafür, dass die Pflan­zen und Tie­re, die offe­nen Sand und viel Son­ne lie­ben, all­mäh­lich aus den Wen­tru­per Ber­gen verschwanden.

Bis Kyrill kam. Was der Sturm begon­nen hat­te, voll­ende­te schwe­res Gerät. Die vom Wind gewor­fe­nen Bäu­me wur­den besei­tigt, eini­ge wei­te­re gero­det. Zusätz­lich wur­de auf der Flä­che der Ober­bo­den abge­scho­ben. Ein ganz wich­ti­ger Punkt, wie Dr. Peter Schwart­ze, Mit­ar­bei­ter der Bio­lo­gi­schen Sta­ti­on und als Gre­ve­ner nicht weit ent­fernt von den „Püpp­kes­ber­gen“ zu Hau­se, erläu­tert: „Damit wur­de die Samen­bank, in der die Samen der ursprüng­li­chen Dünen­pflan­zen seit Jahr­zehn­ten schlum­mer­ten, akti­viert.“ Tat­säch­lich dau­er­te es nicht lan­ge, bis die ers­ten typi­schen Dünen­pflan­zen ihren Dorn­rös­chen­schlaf been­de­ten. Sand­seg­ge, Filz­kraut, Sil­ber­gras und Behaar­ter Gins­ter gehö­ren zwar nicht zu den schil­lernds­ten Ver­tre­tern der hei­mi­schen Flo­ra, sind aber alle­samt auf der Lis­te der Roten Lis­te der bedroh­ten Arten zu fin­den. Schwart­ze, der die Ent­wick­lung der Flä­che von Anfang an beglei­tet hat, ist ent­spre­chend ange­tan. „Wenn im Som­mer die Son­ne auf den Sand­bo­den scheint, summt es hier über­all.“ Wild­bie­nen, die offe­nen Boden zur Anla­ge ihrer Nist­höh­len benö­ti­gen, und Sand­lauf­kä­fer, die mit erstaun­li­cher Geschwin­dig­keit über den auf­ge­heiz­ten Sand flit­zen, gibt es dann mas­sen­haft auf der Fläche.

Doch von Anfang an gab es einen Stö­ren­fried. Die Brom­bee­re, mas­sen­haft in dem angren­zen­den Wald wach­send, war­te­te nur dar­auf, die offe­ne Flä­che in Besitz zu neh­men. Sie ist der Grund, war­um Kyrill heu­te noch Arbeit macht. Denn um der Brom­bee­re Ein­halt zu gebie­ten, kam Udo Schnei­ders, damals wie heu­te Geschäfts­füh­rer der Natur­schutz­stif­tung, auf die Idee, unter dem Mot­to „Vor Ort aktiv“ zu prak­ti­scher Natur­schutz­ar­beit auf­zu­ru­fen. Seit­dem neh­men zwei Mal im Jahr Mit­ar­bei­ter von Stif­tung, Natur­schutz­be­hör­de und Bio­lo­gi­scher Sta­ti­on, unter­stützt von Gre­ve­ner Bür­gern, den ehren­amt­li­chen Kampf gegen die Brom­bee­re auf. Mit Hacke, Spa­ten und fes­ten Hand­schu­hen geht es dem wehr­haf­ten Gewächs an den Kra­gen. „Ich fin­de es toll, dass sich mitt­ler­wei­le ein fes­ter Kreis gefun­den hat, der regel­mä­ßig dabei ist“, freut sich Schnei­ders. Zur Beloh­nung gibt es am Ende immer beleg­te Bröt­chen. Die letz­te Akti­on fand Anfang Novem­ber statt, wie immer an einem Sams­tag­vor­mit­tag. Dies­mal hat­te ein Bag­ger Vor­ar­beit geleis­tet und beson­ders hart­nä­cki­ges Gestrüpp besei­tigt. „Wir kon­zen­trie­ren uns bei der Hand­ar­beit auf die wert­volls­ten Berei­che, wo man auch die meis­ten Erfol­ge sieht“, sagt Schneiders.

Ursprüng­lich waren die Ein­sät­ze nur als Über­gangs­lö­sung geplant. Ange­dacht war, die Flä­che zu bewei­den. „Das müss­ten dann Zie­gen sein, die auch die Brom­bee­ren fres­sen. Aber dafür fin­det sich nie­mand“, sagt Schwart­ze. Also bleibt es bei den mensch­li­chen Pfle­ge­kräf­ten. Wer sich da beru­fen fühlt, kann sich bei Peter Schwart­ze mel­den: peter.schwartze@biologische-station-steinfurt.de.