Natur des Jahres

Natur des Jahres

Vom Ein­zeller bis zum Höh­len­tier: Fast 40 „Jah­res­we­sen“ ste­hen auch 2023 wie­der stell­ver­tre­tend für Arten­grup­pen und ihre Pro­ble­me. Wir zei­gen, wie es bei eini­gen von ihnen im Kreis Stein­furt aussieht.

Schwer zu ent­de­cken, schwer zu unter­schei­den, schwer zu ver­dau­en: Wie fast immer, macht es die Natur des Jah­res einem nicht ganz leicht. Schwer zu ent­de­cken, das gilt im Kreis Stein­furt für den Vogel des Jah­res 2023, das Braun­kehl­chen. Das war nicht immer so. Noch vor 50 Jah­ren war das Braun­kehl­chen im Kreis noch recht ver­brei­tet. Um die Jahr­tau­send­wen­de ver­schwand der hüb­sche Sing­vo­gel dann als Brut­vo­gel aus dem Kreis und ist seit­dem nur noch Durch­züg­ler. Haupt­grund ist der Ver­lust an Lebens­räu­men. Auch die Exten­si­vie­rung von Wie­sen und die Pfle­ge von mage­ren Säu­men hat den Boden­brü­ter nicht wie­der in den Kreis gelockt. 

Schwer zu unter­schei­den ist die Moor­bir­ke, der Baum des Jah­res. Und zwar von der Sand­bir­ke, der ande­ren bei uns hei­mi­schen Bir­ken­art. Zumal bei­de an ähn­li­chen Stand­or­ten wach­sen. Aber da, wo es sehr feucht und nähr­stoff­arm ist, hat die Moor­bir­ke den län­ge­ren Atem. Das sind im Kreis Stein­furt vor allem Moo­re wie das Ems­det­tener Venn. Moor­bir­ken­wäl­der sind euro­pa­weit stark gefähr­det. Ihnen kommt im Zuge des Kli­ma­wan­dels eine beson­de­re Bedeu­tung zu, da der Moor­bo­den unter ihnen ein wich­ti­ger CO2-Spei­cher ist. Die För­de­rung der Moor­bir­ken­wäl­der durch Wie­der­ver­näs­sung der Moo­re ist daher ein ganz wich­ti­ger Fak­tor für die künf­ti­gen Auf­ga­ben im Klimaschutz.

Hart im Neh­men ist die Klei­ne Brau­nel­le. Die Blu­me des Jah­res über­steht Fuß­trit­te und Rasen­mä­her und ist daher auch an Weg­rän­dern oder in Parkra­sen anzu­tref­fen. Ein Über­maß an Stick­stoff ver­trägt der klei­ne Lip­pen­blüt­ler aber nicht. Dann hat er gegen­über üppi­ger wach­sen­den Pflan­zen das Nachsehen. 

Nicht ganz leicht haben es auch der Klei­ne Was­ser­frosch und der Fluss­barsch, obwohl bei­de im Kreis nicht sel­ten sind. Ihnen macht der som­mer­li­che Was­ser­man­gel zu schaf­fen, mit dem der Lurch des Jah­res natur­ge­mäß bes­ser klar­kommt als der Fisch des Jah­res. Auch wenn der Fluss­barsch sehr anpas­sungs­fä­hig ist, engen aus­ge­trock­ne­te Bäche wie im Vor­jahr sei­nen Lebens­raum stark ein.

Dass unter­schied­li­che Arten oft ähn­li­che Pro­ble­me haben, zeigt sich am Bei­spiel des Schmet­ter­lings des Jah­res. Das Amp­fer-Grün­wid­der­chen fühlt sich wie das Braun­kehl­chen in feuch­ten Wie­sen wohl. Aber wie­der­um nur, wenn sie nicht zu inten­siv genutzt wer­den. Denn dann feh­len Kräu­ter und damit die Blü­ten, an denen das zar­te Insekt Nek­tar sau­gen kann. Immer­hin: In den Feucht­wie­sen­schutz­ge­bie­ten im Kreis ist das Grün­wid­der­chen noch ganz gut vertreten.

Auch das Insekt des Jah­res ist ein Schmet­ter­ling. Oder soll­te man bes­ser sagen: zwei Schmet­ter­lin­ge? Denn das Land­kärt­chen hat zwei Gesich­ter, die man bei­de im Kreis recht häu­fig ent­de­cken kann. Im Früh­jahr prä­sen­tiert es sich in braun­oran­ge, im Spät­som­mer über­wiegt schwarz, ein Phä­no­men, das als Sai­son­di­mor­phis­mus bezeich­net wird. Anders als bei­spiels­wei­se das Her­me­lin wech­selt das Land­kärt­chen aber nicht sei­ne Gar­de­ro­be. Die bei­den Farb­va­ri­an­ten gehö­ren unter­schied­li­chen Genera­tio­nen des Fal­ters an und sind abhän­gig von der Tages­län­ge wäh­rend der Raupenentwicklung.

Bleibt noch das schwer ver­dau­li­che. Das ist, wen wundert‘s, die Gift­pflan­ze des Jah­res. Aus­ge­rech­net die Peter­si­lie hat das Ren­nen gemacht, der Deut­schen liebs­tes Küchen­kraut. Doch ob kraus oder glatt, solan­ge man sich mit dem Blatt­werk begnügt, kann das auch so blei­ben. Gif­tig sind ledig­lich die klei­nen Früchte.

Eine Über­sicht der Jah­res­we­sen gibt es hier.